anna maria pammer
wittgenstein-projekt
sopran

 

 

2007

Pressestimmen zur Uraufführung am 18. Oktober 2007 im Brucknerhaus Linz

 

OÖ. Nachrichten
von Michael Wruss

http://www.drehpunktkultur.at/txt07-10/5488.htm
von Norbert Trawöger

Neues Volksblatt
von Christine Grubauer

Österreich
von Ingrid Feilmayr

Kronenzeitung
von NT

Österreichische Musikzeitschrift
von M.W.

Kulturbericht Oberösterreich
von Franz Zamazal

 

 

Wittgensteins Philosophie in Noten gegossen

von Michael Wruss

Eine Oper? Eine Kantate? Ein gesungenes Telefonbuch? Nein! Am Mittwoch war im Brucknerhaus ein einzigartiger, mutiger Versuch zu erleben, scheinbar spröde philosophische Literatur in Musik zu gießen.

Es war gleichzeitig der Auftakt der Residenz von Anna Maria Pammer, die in den nächsten drei Jahren dem Linzer Konzerthaus eng verbunden sein wird.

Es handelte sich aber nicht um irgendeinen philosophischen Text, sondern um einen, der zu den bedeutendsten Denkanstößen des 20. Jahrhunderts zu zählen ist: Ludwig Wittgensteins „Tractatus logico-philosophicus“. Und Balduin Sulzer hat dazu Musik erdacht, die auf den ersten Blick nicht spröder sein könnte und doch einen unglaublich spannenden Abend bescherte. Sulzer hat hier eine Ein-Frau-Oper geschrieben, ein Werk für Sopran solo und sonst nichts. Die einzige nicht vokale Zutat waren Schlaginstrumente, die die Sängerin höchst ausdrucksvoll selbst zum Klingen brachte.

Die musikalische Grundidee geht von der Musik der Entstehungszeit des Tractatus, also der Zeit des Ersten Weltkriegs, aus und greift mit den gewagt großen und schwierig zu treffenden Intervallen und dem aberwitzig schnellen und in extremsten Höhen geflüsterten Sprechgesang auf die Wurzeln neuer Gesangskultur der Zweiten Wiener Schule zurück.

Aber nicht nur in der Textrealisation finden sich Bezüge zu Schönberg, sondern auch in der reihenförmigen Struktur der Töne, die dem 75-Minuten-Werk Zusammenhalt gibt. Minutiös deutet Sulzer die Sätze, legt Schwerpunkte auf einzelne Ausdrücke, markiert immer wiederkommende Wörter – so zum Beispiel den Begriff „Sachverhalt“, dessen Sprachrhythmus jedes Mal mit dem Holzblock mitgeklopft wird.

Damit treibt er die Akribie und Insistenz des Textes auf die Spitze, analog zum fast krankhaften Ordnungsfimmel des österreichisch-britischen Philosophen. Anna Maria Pammer – auch wenn sie es nicht gerne hört – ist eine echte Spezialistin für zeitgenössische Musik. Deshalb, weil sie jede Note ernst nimmt und so auch zu beseelen weiß.

Von ihr kam auch die Idee, das Stück szenisch zu realisieren, also entweder am Pult stehend zu dozieren, oder nervös nach Lösungen suchend umherzulaufen, oder in Gedanken versunken am Schreibtisch sich erkennend auf die Stirn zu schlagen.

Gelungener Auftakt

Atemberaubend war aber nicht nur die szenische Umsetzung, sondern vor allem die unglaublich deutliche Diktion, die jedes Wort verständlich machte.

Ein höchst gelungener Auftakt für die Artist in Residence und eine das Publikum begeisternde Premiere für ein Opus magnum Balduin Sulzers.

vom 20.10.2007
http://www.nachrichten.at/kultur/604729?PHPSESSID=ad9e16b9ffb0782afae7b496727f2be8

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Philosophisch-musikalisches Holzfällen

von Norbert Trawöger

Balduin Sulzers "Tractatus logico philosophicus", eine musikalische Annäherung an Ludwig Wittgenstein für Sopran solo, wurde am Donnerstag (18.10.) im Brucknerhaus Linz uraufgeführt.

Ein philosophisch-musikalisches Hochamt ist Balduin Sulzers Vertonung von Ludwig Wittgensteins "Tractatus logico-philosophicus" für Sopran und unterschiedliche Klanggeräte. Es war vor allem die Stunde der Anna Maria Pammer, die Sulzers "musikalische Annäherung" in präzis betörender Theatralik und großer Stimmgewalt zu zelebrieren wusste.

Balduin Sulzer nähert sich Wittgensteins frühem philosophischen Grenztext in durchtrieben asketischer Art an. Er katapultiert den Text durch rezitativischen Sprechgesang, der zwischen Gregorianik, barocker Passionsberichterstattung und "pierrotscher" Wortgestik changiert, in eine Zone, die die eigene Wahrnehmung zwischen Text und Musik offen und pendeln lässt.

Nach einiger Zeit ist das eigene text-aufnehmende Fassbarkeits-Fass voll und man verfällt vollends Sulzers monodischer Kraft: Man gerät in einen archaischen Dämmerzustand, in dem der Komponist Wittgensteins Satzbäume zu einem begehbaren Wald werden lässt.

Und in genau dem Moment setzt sich Anna Maria Pammer an den Schreibtisch, schraubt ihre Stimme flirrend, flüsternd hoch - und gibt einem die Bäume wieder zurück. Pammer, in einen Wittgenstein’schen Trenchcoat gehüllt, ist in jedem Moment souveräne Meisterin, ja nahezu Beherrscherin der Vorgänge. Sie hält geschickt inne, nutzt die sparsam vorgeschriebenen Klanggeräte wie Triangel, Gong, Peitsche, Guirro in ihrer rituellen Zeichensetzung. Zauberbevollmächtigt.

Alles spitzt sich zu auf den letzten Satz "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen". Melismierend setzt Sulzer den Schlusspunkt, ein sanfter Gongschlag folgt und der Zauber hat ein Ende, aber er wirkt nach.

19.10.2007
http://www.drehpunktkultur.at/txt07-10/5488.htm

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Linzer Brucknerhaus im Zeichen Wittgensteins

von Christine Grubauer

Zu einem "Wittgenstein-Fest" entwickelte sich der Soloabend der Sopranistin Anna Maria Pammer Donnerstagabend im gut besuchten Linzer Brucknerhaus. Im Zentrum stand die Uraufführung des von Balduin Sulzer in Musik gekleideten "Tractatus Logico-Philosophicus" (1921), einer der maßgeblichsten philosophischen Abhandlungen des 20. Jahrhunderts vom Wiener Ludwig Wittgenstein. Sulzer schuf die Komposition für Sopran-Solo und unterschiedliche Klanggeräte, formulierte sie als "1-Personenstück" und nannte sie "eine musikalische Annäherung". Der mit höchsten technischen und musikalischen Anforderungen gespickte Solopart, bei dem die Sängerin auch noch die auf der Bühne arrangierten Instrumente spielte, wurde von Anna Maria Pammer souverän gemeistert, ihrer packenden Vortragskunst gelang es, die Zuhörer 70 Minuten lang in atemloser Spannung zu halten. Pammer wird ja als "Artist in Residence" im Brucknerhaus in den nächsten drei Jahren dessen Programm maßgeblich mitbestimmen. Der Einführungsvortrag des Präsidenten der Wittgenstein-Gesellschaft, Christian Kanzian, Derek Jarmans Film "Wittgenstein" sowie Gerlinde Hasenbergers im Foyer ausgestellte Bilder zu "Wittgenstein – Sulzer" (am 24. Okt. nochmals zu sehen) rundeten den qualitätsvollen Abend ab.

Neues Volksblatt vom 20. 10. 2007

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Magie des Bizarren mit poetischem Dreh
Pammer begeisterte in allen Tonlagen

von Ingrid Feilmayr

Einen Abend der Spitzenklasse bot Sopranistin Anna Maria Pammer am Donnerstag im Brucknerhaus.

Linz. Anna Maria Pammer ist seit dieser Saison Artist in Residence im Brucknerhaus. Die international anerkannte Sängerin wünschte sich von ihrem Lehrer Balduin Sulzer eine Solo-Komposition für Sopran mit unüblichen Instrumenten. Angelehnt war das Ganze an das Hauptwerk Tractatus Logico-Philosophicus des Philosophen Ludwig Wittgenstein. Dieser hat einige Zeit die heutige Fadingerschule besucht. Seine Maturaarbeit kann gegen Voranmeldung dort von Interessierten eingesehen werden.
Skurril, poetisch. Aus diesen Vorgaben heraus entstanden skurril-bizarre Klänge, getragen von Sulzers unverkennbarem musikalischen Schalk, aber auch mit unglaublich poetischen Elementen. Für die Stimme ein Gewaltakt in höchster Stimmlage und dann wieder sehr tief, mit viel Sprechgesang und schrillen Tönen. Bewundernswert die Konzentrationsfähigkeit der Akteurin. Ganze eineinhalb Stunden gab sie ihre volle Präsenz unvermindert ans hingerissene Publikum weiter. Zusätzlich faszinierten die untermalenden „Geräusche“, angefangen von Gongschlägen, Rasseln, Klingen und ähnlichem.
Abgerundet wurde der Abend mit recht geglückten Sulzer-Porträts von Gerlinde Hasenberger und einem skurrilen englischen Film über Wittgenstein, der 1951 in Cambridge starb.

Österreich vom 20. 10. 2007

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Der Zauber wirkt nach
Sulzer-Uraufführung mit A.M.Pammer

von NT

Ein philosophisch-musikalisches Hochamt zelebrierte Balduin Sulzers Vertonung von Ludwig Wittgensteins „Tractatus logico-philosophicus“ für Sopran und Klanggeräte im Linzer Brucknerhaus. Es war vor allem auch die Stunde der Anna Maria Pammer, die Sulzer präzise und mit Stimmgewalt zu feiern weiß.

Balduin Sulzer nähert sich Wittgensteins Grenztext in durchtrieb asketischer Art. Es befällt einen ein archaischer Dämmerzustand, in dem Sulzer Wittgensteins Satzbäume wieder zu einem begehbaren Wald werden lässt. Und in genau dem Moment setzt sich Anna Maria Pammer zum Schreibtisch, schraubt ihre Stimme flirrend, flüsternd hoch und ist in jedem Moment souveräne Meisterin, ja nahezu Herrscherin der Vorgänge. Sie hält geschickt inne, nutzt die sparsam vorgeschriebenen Klanggeräte wie Triangel, Gong, Peitsche, Guiro in ihrer rituellen Zeichensetzung zauberbevollmächtigt und spitzt alles auf den letzten Satz "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen" zu. Melismierend setzt Sulzer den Schlusspunkt, ein sanfter Gongschlag folgt und der Zauber hat eine Ende – aber er wirkt nach.

Kronenzeitung vom 20. 10. 2007

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Sulzer in Linz

von M.W.

Balduin Sulzer überrascht immer wieder aufs Neue, wie er auch für die ungewöhnlichsten Besetzungen so zu schreiben weiß, dass ein zeitgemäßes und gleichzeitig für ein größeres Publikum noch akzeptables Werk entsteht. Dass sein Erfolg so weit über die Grenzen Oberösterreichs hinausreicht, verdankt er auch seinen Schülern. Der Auftakt zu Brucknerhaus-Konzerten anlässlich des 75. Geburtstags des Komponisten war ein gewagtes Projekt, das die neue "Artist in Residence", die Sopranistin Anna Maria Pammer, mit initiiert und auch uraufgeführt hat. Sulzer liebäugelte schon länger mit der Idee, das Hauptwerk von Ludwig Wittgenstein, den Tractatus Logico Philosophicus, in Musik zu fassen. Schon vor einiger Zeit komponierte er zudem für Pammer, die im Linzer Musikgymnasium auch seine Schülerin gewesen war, ein 20-minütiges Werk für Sopran solo und in Anlehnung an die im vorigen Jahr im Brucknerhaus von Christine Ascher aufgeführten One Woman-Operas entstand nun diese One-Woman-Lecture. Die einzige nicht vokale Zutat waren Schlaginstrumente, die die Sängerin höchst ausdrucksvoll selbst zum Klingen bringen „durfte“.
Die musikalische Grundidee greift mit den gewagt großen und schwierig zu treffenden Intervallen und dem aberwitzig schnellen und in extremsten Höhen geflüsterten Sprechgesang auf die Wurzeln neuer Gesangskultur der Zweiten Wiener Schule zurück. Aber auch in der reihenförmigen Struktur der Töne, die dem 75-Minuten-Werk Zusammenhalt gibt, finden sich Bezüge zu Schönberg. Dabei geht aber Sulzer nicht im strengen Sinn der Reihentechnik vor, sondern entwickelt Motive, die – gerade auch wortdeutlich die wissenschaftliche Insistenz betonend –immer wiederkehren. Anna Maria Pammer ist – auch – eine echte Spezialistin für zeitgenössische Musik, die jede der für viele noch immer verschreckend modernen Linien zu beseelen weiß. Von ihr kam auch die Idee, das Stück szenisch zu realisieren. Atemberaubend war aber nicht nur die bühnengerechte Umsetzung, sondern vor allen die unglaublich deutliche Diktion, die beinahe jedes Wort verständlich machte: eine das Publikum begeisternde Premiere für ein Opus magnum Sulzers.

ÖMZ 1/2008, S. 54f.

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Neues Für Linz - aus Balduin Sulzers Schaffen

von Franz Zamazal

Subtile Wortmusik

Anna Maria Pammer gestaltete die abendfüllende Uraufführung mit dem Text "Tractatus logico-philosphicus" von Ludwig Wittgenstein ganz allein mit ihrem Sopran und hatte dabei, den Vorgaben des Komponisten entsprechend, viel zu bewältigen: die Schönheit von Sprache als Melodie, Geräusch, Klang und Rhythmus, eingebettet in eine subtile Wortmusik, die dem Untertiel des Werks als "eine musikalische Annherung" an das Werk des Philosophen voll und ganz entspricht. Der Komponist hat den ganzen Ablauf der Singstimme genauestens notiert und versteht die wenigen Beigaben aus "Klanggeräten" gleich Interpunktionen. Die Sängerin brillierte mit Ausdruck, Intensität , Sprache und Musikalität und wurde so dem eigenwilligen Werk in der ganzen Breite und Tiefe mehr als gerecht. Diese Uraufführung bedeutete für den Kompnisten und seine Interpretin einen großen Wurf.

Kulturbericht Oberösterreich, 61. Jahrgang, Folge 12,
Dezember 2007

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