Brucknerfest:
aron quartett und Anna Maria Pammer widmeten sich dem Meister
der Moderne
Kunst
komme nicht vom Können, sondern vom Müssen: Das Credo
Arnold Schönbergs stand am Donnerstag beim ersten der beiden
– dem Wiener Meister der Moderne gewidmeten – Konzerte
im Zentrum.
Anna Maria Pammer konnte ihre Idee verwirklichen, alle vier Streichquartette
Schönbergs zyklisch aufführen zu lassen, selbst beim
zweiten mitzuwirken und ihre Begeisterung für diese Musik
in Form der einführenden Moderation unter Beweis zu stellen.
Auch wenn das erste Quartett bereits 103 Jahre alt ist, hat diese
Musik nichts vom Reiz des Neuen verloren, ist aber auch nicht
für den Hörer leichter fassbar geworden. Dabei sind
gerade das erste und dritte Quartett keine Schreckgespenster asketischer
Tonklauberei, sondern packend dahinströmende Musik.
Das mag aber auch das Bedrohliche sein, dass diese „neue“
Musik sich so in einem Guss zeigt, als wäre sie aus dem Unterbewusstsein
Schönbergs hervorgebrochen, ohne auch nur den geringsten
Anschein von Konstruktion oder Berechnung aufzuweisen. Dass aber
dieses fast trunken machende Mitgerissenwerden derart gelang,
lag vor allem an der grandiosen Interpretation durch das aron
quartett Wien.
Ganz aus dem Geist der Spätromantik ließen die vier
Musiker die extrem anmutenden und doch höchst kantablen Melodien
strömen, ließen im d-Moll-Quartett den luftleeren Raum,
der über der zum Bersten gespannten Harmonie entstand, mit
einem Feuerwerk an Klangfarben füllen und reizten die feinen
Nuancen des urwienerischen Musizierens vollends aus. Das dritte
zeigte sich von der Form her traditioneller und ist vielleicht
auch gerade deshalb noch revolutionärer. Viel Applaus für
einen großartigen Abend, der am Donnerstag seine Fortsetzung
findet.
vom 20.09.2008
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Eine
neue Musiksprache mit Akzent
von
Michael Wruss
Brucknerfest:
Das Arnold-Schönberg-Projekt war ein voller künstlerischer
Erfolg
Auch
der zweite Abend des Schönberg-Projekts von Anna Maria Pammer
beim Brucknerfest war von tiefen Erkenntnissen und großen
musikalischen Momenten geprägt. Auf dem Programm standen
das 2. und 4. Streichquartett, zwei Werke, die kaum unterschiedlicher
sein könnten und allein durch ihre Existenz viel bewegt haben
und bewegen.
Natürlich nur dann, wenn Spezialisten wie das aron quartett
die gar nicht mehr so neue Sprache in emotional hochgeladene Klänge
übersetzen. Anna Maria Pammer, Artist in Residence des Brucknerhauses,
übernahm den Sopranpart und führte kompetent in den
Kosmos Schönberg’schen Musikdenkens ein.
1908 war für Schönberg ein Jahr der Wende, das zu familiären
Krisen führte und auch die ersten deutlichen Anzeichen des
Aufgebens der traditionellen musikalischen Gesetze bedeutete.
Das bezog sich nicht nur auf die Harmonie, sondern auch auf die
Gattung. Das klassische Streichquartett wurde durch das Hinzunehmen
der Gesangstimme um Aspekte des Liedes erweitert.
Dazu kommt, dass die Klanglichkeit zwar mit nicht neuen, nun aber
radikal eingesetzten Spieltechniken operiert und so den sonst
wohlig warmen Streicherton zum Fratzenhaften degradiert. Schattengespenster
lugen überall hervor, und selbst der liebe Augustin, der
im zweiten Satz auftaucht, liegt bereits auf dem Zentralfriedhof.
Mitten in diese Stimmung dann zwei Gedichte von Stefan George,
die diese Sehnsüchte noch verstärken: „Töte
das Sehnen – schließe die Wunde!“ Das fühlbar
zu machen, gelang aufs Allerbeste. Faszinierend die Umsetzung
der Sentimentalität, des Nachtrauerns längst vergangener
Zeiten.
Die fallen allerdings im 4. Streichquartett weg, das im amerikanischen
Exil 1936 entstand. Als ob Schönberg mit einer neuen Sprache
spräche, die er noch nicht beherrscht. Und doch gibt es auch
in dieser neuen Sprache Reminiszenzen an das Frühere, quasi
wie ein sprachlicher Akzent. Doch es bleiben bloß Erinnerungen,
Gesten, Üblichkeiten, die aber nah daran sind, verlernt oder
vergessen zu werden. Sogar der Walzer im zweiten Satz stolpert,
als wären seinem Schöpfer die Schritte dazu entfallen.
Auch die schroffe Kühle dieses Opus wusste das aron quartett
meisterhaft nachzuzeichnen und erntete verdient großen Applaus.
Tipp zum Nachhören: Das aron quartett hat mit Anna Maria
Pammer alle Schönberg’schen Werke für Streichquartett
auf CD erstklassig eingespielt (Preiser Records)
vom 27.09.2008
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Norbert
Trawöger
Beim
Brucknerfest gibt es die seltene Gelegenheit die vier Streichquartette
von Arnold Schönberg zu erleben. Die von Anna Maria Pammer
kuratierten Konzerte befragen Schönbergs Rolle als “Bombenleger
im Garten” oder war er doch “konservativer Reaktionär”?
Das aron quartett klang-verwaltet seine wegweisenden Quartette
in fabelhafter Klarheit.
Die
Sopranistin Anna Maria Pammer erweitert ihr “Artist in Residence”-Dasein
im Brucknerhaus um eine schwergewichtige Facette, in dem sie nicht
nur ihre sängerische Ausdruckskraft ausspielt und an zwei
Abenden die vier Streichquartette von Arnold Schönberg programmiert
hat, sondern vor allem eine stringent durchdachte vorkonzertante
“Lecture” mit Musik-beispielen hält. Zum einen
vermag Pammer den Duft von und um Schön-berg wehen zu lassen,
zum andern steigt sie in sanfter Analytik und per-sönlich
gefärbten Annäherungen in diese verwegen faszinierenden
Klang-massive und ermöglicht dem Zuhörer leichtere Hörzustiege.
Am ersten Abend standen die Quartette 1 und 3 am Programm und
mit dem Wiener aron quartett, ein strukturell denkendes und meisterlich
glühendes Kollek-tiv zur Verfügung die sich in besipielloser
Anwaltschaft in die komplexe Durchtriebenheit der Schönbergschen
Klangwelt warf: Sinnlich atmend an den Rändern und kompromisslos
klar in allen komplexen Verdichtungen.
Kronenzeitung
vom 20.09.2008
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Norbert
Trawöger
Der zweite Teil der von Anna Maria
Pammer kuratierten und moderierten Präsentation der Streichquartette
von Arnold Schönberg richtete den Brennpunkt auf die Quartette
Nummer 2 (op. 10) und Nummer 4 (op.37) und ergänzte den Hörblick
auf Schönbergs ungeheures Streichquartett-schaffen noch einmal
gehörig. Im zweiten Quartett gesellt sich Pammer zum Quartett
und lässt ihre Stimme zu einer Art entrückten “Übergeige”
werden, verschmelzend sich “in Tönen lösend”,
aber bedingungslos aufbe-gehrend im “Schrei” nach
Glück. Das vierte, in der amerikanischen Emig-ration entstandene,
Quartett, zeigt sich in seiner Grundanlage überra-schend
prägnanter. Das Unisono-Aufbäumen des Largos bewegt
einen, ob des außergewöhnlichen Klangvermögens
des aron quartetts, an unerhörte Abgründe. Resümee:
Diese Serie gehört zu den Ereignissen des heurigen Brucknerfests!
Kronenzeitung
vom 27.09.2008
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Pammer
fesselte mit Schönberg
von
Christine Grubauer
Arnold
Schönbergs Streichquartette als Wegweiser in die Moderne“
lautet der Titel eines auf zwei Gesprächskonzerte anberaumten
Informationsblocks in Sachen Gegenwartsmusik beim Linzer Brucknerfest.
Anna Maria Pammer, derzeit „Artist in Residence“ am
Brucknerhaus, fesselte das Publikum dort am Donnerstagabend zunächst
mit einem spannenden, fachlich anspruchsvollen Referat über
biografische Details, ästhetische Vorlieben und kompositorische
Rezepte des Komponisten Arnold Schönberg. Sie analysierte
aufschlussreich Teile des 1. und 3. Streichquartettes, wobei das
Wiener Aron Quartett die von ihr ausgewählten Tonbeispiele
live darbot.
Zum ganz großen Konzerterlebnis entwickelte sich im Mittleren
Saal des Linzer Brucknerhauses dann die Interpretation der beiden
Kompositionen durch die in Technik, Klanggestaltung und Emotionsbereitschaft
unvergleichlichen Quartettkünstler Ludwig Müller und
Barna Kobori (Violinen), Georg Hamann (Viola) sowie Christophe
Pantillon (Cello).
Der das Thema ergänzende zweite Abend geht am 25. September
(19 Uhr) über die Bühne des Brucknerhauses.
Neues
Volksblatt vom 20. 09. 2008
> http://www.volksblatt.at/index.php?id=41495&MP=61-157
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